Meine kleine Schreibwerkstatt ^^

Mitten in einer dunklen Gasse standen ein paar Kinder um etwas herum, was ich nicht erkennen konnte. Aber sie traten immer wieder darauf ein. Ich lief hin und bemerkte, dass das "Etwas" ein kleines Mädchen war, das wie ein Häufchen Elend da hockte. Es saß in einer paar zerrissenen Kleidern da und hatte dreckige Flecken im Gesicht und auf den Händen. Es hatte überall Schnitte, Schürfwunden und andere Verletzungen. Trotzdessen, dass die Kinder das Mädchen immer wieder traten oder Stockhiebe auf es niederregnen ließen und ich psychisch nicht sehr stabil war, schob ich zwei Jungen beiseite. Ich kniete mich zu ihr hinunter und nahm es in die Arme, ich tröstete sie, gab ihr etwas Schutz und Wärme, ich hielt es geborgen in meinen Armen. Ab diesem Moment gingen die Stockhiebe auf mich nieder, ich aber beschütze das Mädchen, obwohl ich es überhaupt nicht kannte.Ich fühlte mich für sie verantwortlich, dann sah sie mit ihren traurigen schmerzvollen Augen zu mir hoch, ihr Blick fragte "Warum?". Ich ertrug die Schmerzen, die durch die Tritte und Stöcke aufkamen, und mich ließ auch das Blut, welches mittlerweile überall an meinen Armen und Beinen herunterrann, kalt. Ich flüsterte ihr zu :"weil du das hier ganz sicher nciht verdient hast." Die Kinder fingen an zu schlagen und traten weiter,dabei riefen sie so etwas wie: "He du alte Schachtel,lass die Göre in Ruhe!" (ich war 12) , "Sie wird dir nur wehtun!" oder "Um ihren Tod ist es doch gar nciht schade,sie hat gestohlen!" Ich ließ sie immer noch nicht los. Nach einer halben Stunden gaben sie endlich auf, sie riefen mir noch zu : "Du hast echt keinen Grips in der Birne,sie wird dich nur unglücklich machen, wir wissen, dass dich keiner leiden kann, alle heucheln dir die Freundschaften vor, du kannst keinem vertrauen!Nicht mal dem Mädchen! Du bist allein!" Ein schmerzhafter Stich zog durch mein Herz, der letzte Satz hatte mich endgültig in einen Abgrund gedrängt, ich saß mit dem Mädchen in den Armen auf dem dreckigen Asphalt, bekam noch ein paar Hiebe ab. Dann ließen die Kinder die blutverschmierten Stöcke fallen und gingen weg. Meine Gefühle waren zersplittert, meine Seele zerschnitten, keine Chance sie wieder zu flicken. Für mich war es zu spät, aber für das Mädchen noch nicht! Ich sah zu ihr runter und flüsterte : "Versuche nie die Gefühle eines anderen zu verletzen, denn Gefühle sind aus Glas, wenn sie zerbrechen, zerschneiden sie die Seele" Diesen Satz sollte sie immer in sich tragen, als Warnung davor, andere seelisch zu verletzen. Sie sah kurz hoch und nickte, dann kuschelte sie sich in meine Arme und lag nach ein paar Minuten ganz still da. Sie schien zu schlafen, aber ich wusste, dass sie gerade in meinen Armen und vor meinen Augen an ihren Verletzungen gestorben war. Der Asphalt war feucht und ein Regentropfen landete auf meiner Nase, ich sah gen Himmel. Er hatte sich in der Zeit verdunkelt und fortan hing ein dunkler Schleier über meinen traurigen, schmerzvollen haselnussbraunen Augen.

Ich ging durch die Schulflure zu meiner Klasse, keiner nahm mich war, niemand achtete auf mich, alle ignorierten sie mich und ließen mich allein. Aber das war mal anders, ich hatte Freunde, viele gute Freunde, und da hatte ich noch meine Eltern. Sie waren immer freundliche, liebevolle Eltern gewesen, doch jetzt waren sie fort, ausradiert. Manchmal frage ich mich, warum der Herr sie schon bei sich haben wollte.
Seitdem sie fort sind, Mama und Papa, bin ich allein.
Ich musste in einer anderen Stadt in ein Waisenheim, da es in meinem Heimatort keines gab, als täte es nicht schon genug weh, meine Eltern zu verlieren und meine Freunde zurücklassenzu müssen, erinnerte das Waisenheim eher an ein Gefängnis, als an ein Waisenheim, wo sich Kinder wohl fühlen sollten. Diese ganzen Ereignisse hatten mich verändert. Immer wieder dachte ich daran, was Papa mir mal gesagt hatte, als Lebensweisheit, auf die ich achten sollte. Er hatte mir gesagt, ich solle anderen vertrauen, sie lieben, sie glücklich machen und bei ihnen bleiben, damit mir das gleiche widerfährt. Aber er sagte noch, wenn ich anderen vertraue, werden sie mein Vertrauen brechen. Wenn ich andere liebe, werden sie mich hassen. Wenn ich sie glücklich mache, werde ich nur Trauer erfahren und wenn ich bei ihnen bleibe dann lassen sie mich allein. Und wenn ich allein bleibe, dann werde ich vergehen.
Ich dachte immer daran, versuchte es zu meinem Lebensmotto zu machen, aber es funktionierte nicht, ich konnte nicht alles auf einmal und demnach trat all das ein, was Papa mir gesagt hatte. Ich konnte niemanden lieben. Meine neuen "Freunde" verrieten mich, plauderten alle meine Geheimnisse aus, die ich ihnen anvertraute, erzählten alles herum und hintergingen mich. Ich wollte sie glücklich machen und bei ihnen bleiben. Aber sie ließen mein Vertrauen zerbersten und trafen mich damit direkt ins Herz, sie taten mir sehr wehund ließen mich allein.
Nun war ich allein und redete mir ein, ich sei nicht einsam und nicht allein, mir ginge es gut! Aber auch der letzte Teil, den Papa mir sagte, wurde wahr. Ich verging an meiner Einsamkeit und schloss mein Herz vor anderen. Keinen ließ ich mehr an mich heran, ich verschloss alle guten Gefühle , wie Liebe, Zuneigung, Glück, Zufriedenheit und auch meine Trauer, versiegete ich. Ich gab mich stark und ließ alles und jeden an meinem neuen Ich abprallen, keiner hatte es bis jetzt geschafft mich wieder aus der halben Emotionslosigkeit herauszuholen. Keiner konnte meine Barriere aus Hass und Wut auf die Menschheit durchbrechen, und niemand wird es jemals schaffen. Mein Körper ist nur noch eine Hülle für eine längst verstorbene Seele

Wie oft hatte ich schon überlegt, meinem Leben den gar aus zu machen. Wie oft hatte ich die Klinge schon angesetzt und gekniffen. Wie oft hatte ich schon kalte Füße gekriegt. Wie oft....
Mein Leben war nichts wert, ich hatte das Gefühl, als wäre ich für jeden nur Luft, nur Dreck, nur Staub, der alles mit einer dünnen Haut benetzt.
Ich interressierte niemanden, fragte mich, ob mich überhaupt jemand vermissen würde, wäre ich fort, einfach nicht mehr da.
So oft, wie sie mich verletzt hatten, so lange, wie sie mich schon hassten. Meine Eltern hatten mich immer gehasst, hatten mir immer ins Gesicht geschriehen, dass sie mich gar nicht haben wollten, dass ich eine behinderte Fehlgeburt bin, dass ich..... nie existieren sollte!
Die Klinge war mein bester Freund geworden, wie oft habe ich sie schon durch meine Haut gezogen, über meine Arme, meine Beine, wie viele Narben ich behalten hatte. Doch nie hatte ich die richtige Stelle genommen um mich aus dem Elend zu befreien.
Doch endlich fand ich den Mut, die Klinge anzusetzen und durchzuziehen, ich hatte geschworen, nicht mehr zu kneifen, sondern mich endlich zu erlösen.
Ich schnitt tief, zerschnitt glatt die Pulsader, beendete mein Leben, erlöste meinen Geist von der Qual meiner 16 Lebensjahren, welche noch einmal in einzelnen Bildern vor meinem inneren Auge entlang liefen. Endlich war ich frei! Frei von Qualen, für immer! Dachte ich.
Ich fand mich auf einer Art Beerdigung wieder. Aber warum?
Ich...ich hatte mich doch ausgelöscht! Mich erlöst! Ich wollte das Leid nicht mehr sehen! Nicht mehr wahrnehmen! Darum...
Meine Eltern standen bei dem schwarzen Sarg, der mit weißen Rosen und anderen Blumen geschmückt war. Auch meine Großeltern und Klassenkameraden waren da. Ihnen allen rannen Tränen über die Wangen. Schmerzliche Tränen der Trauer.
Alle hatten sie schwarze Anzüge mit Smokings oder schwarze Kleider an. Ich hörte nichts, mein Blick fiel von hinten auf des Priester Rücken, von dort konnte ich das Geschehen beobachten. Aber beachten tat mich keiner, wie erwartet, Luft. Ich war Luft, wie immer.
Mein Blick fiel auf das Buch deds Priesters. "Name der Toten: Heather Greenwich" stand darin. Da stand mein Name, das war....meine Beerdigung! Aber...warum weinten sie? Sie hatten mich doch immer gehasst, allesamt! Ich war ihnen doch egal gewesen, ihnen nichts wert gewesen! Warum... vermissten sie mich jetzt auf einmal!?
Erst im Nachhinein begriff ich, warum ich hier war. Der Herr wollte, dass ich die Augen öffnen konnte, bevor ich endgültig "Lebe wohl" sage. Er wollte, dass ich das, was ich mal gelesen hatte endlich verstehe! Er lautete:
"Lebe" und du wirst verletzt und gehasst,
"Sterbe" und du wirst geliebt und vermisst.

Es war nun vorbei, mein Leben hatte sich aufgeklärt, es war genauso gekommen, wie diese Weisheit sagte, genau so.